Konzertreise Namibia 2010

05. bis 15.07.2010FlaggeNamibia

Wilde Tiere und koloniale Relikte
 

Montag, 05.07.2010

Nach einer sechsstündigen Busfahrt von Bad Hersfeld nach München und einem neunstündigen Nachtflug kommen wir morgens am Flughafen Windhoek an. Jeder freut sich, zum ersten Mal Afrika hautnah zu erleben. Direkt nach der Landung werden daher die Fotoapparate gezückt, um die ersten Eindrücke von diesem wunderbaren Kontinent festzuhalten. Nach den ganzen „Einwanderungsprozeduren“ stellt sich unser Reiseleiter David vor und begrüßt uns auf afrikanische Art und Weise mit einem „besonderen Händedruck“. Als wir unseren Bus (etwas ältere Bauart) beladen haben, fahren wir circa 30 km in die Innenstadt zum Währungstausch und zur Versorgungssicherung.

Nun beginnt die sechsstündige Busfahrt in den Norden Namibias, wobei uns die ersten exotischen Tiere wie Paviane und Warzenschweine bereits auf der Fahrt begegnen. Im Etosha Nationalpark angekommen, unternehmen wir vor Einbruch der Dunkelheit noch ein Mini-Safari Tour, wobei uns bereits Zebras und Elefanten beindrucken.

Bei Einbuch der Dunkelheit müssen wir den Park verlassen und fahren zur nahegelegenen Etosha Safari Lodge. Während unser Gepäck sogar von den Bediensteten auf unsere Zimmer gebracht wird, werden wir an der Rezeption mit Getränken und warmen Waschlappen empfangen (die einige zunächst für etwas Essbares halten). Wir lassen den anstrengenden Tag bei einem sehr schmackhaften Abendessen mit einheimischen Fleischsorten gemütlich ausklingen.

Dienstag, 06.07.2010

Trotz kurzer Nacht besteigen wir nach einem brillanten Frühstück topfit den Bus für unsere Safaritour im Etosha-Nationalpark. Heute haben wir den ganzen Tag Zeit, um bei den Tieren anzuhalten und sie vom Bus aus zu beobachteten. Von Löwen über Antilopen, Gnus, Springböcken, Hyänen, Giraffen, Erdhörnchen bis Elefanten bekommen wir alles zu Gesicht, was wir bislang nur aus Zoos oder von Fotos kannten. Unser Busfahrer David gestaltet die Safari sehr spannend und gibt uns viele Hintergrundinformationen (z.B. dass eine Hyäne Angst vor einem Löwen hat, während ein Löwe Angst vor zwei Hyänen hat).

Gegen Mittag fahren wir zu einem eingezäunten Camp mitten im Nationalpark, wo einige von uns zum ersten Mal Springbock probieren. Vor einem angrenzendem Wasserloch machen wir noch ein Gruppenfoto mit den Tieren, bevor wir das Camp wieder verlassen und unsere Safari am Nachmittag fortsetzen. Erst kurz vor Sonnenuntergang fahren wir zurück zur Lodge. Den Abend genießen wir am Pool, an der Bar oder am Lagerfeuer, wo es und einen traumhaften Sonnenuntergang und einen atemberaubenden Sternenhimmel zu sehen gibt.

Mittwoch, 07.07.2010

Heute müssen wir leider schon die Etosha Safari Lodge verlassen, um zu unserer nächsten Station Omaruru aufzubrechen. Nach halbtägiger Busfahrt kommen wir in der Omaruru Game Lodge an. Die Häuser, in denen wir untergebracht sind, liegen rund um eine Wasserstelle, an der sich Pfauen, Giraffen, Zebras und sogar Nashörner sammeln. Wir haben zunächst etwas Freizeit, um den neuen Pool zu erkunden oder ein Sandwich zu genießen.

Am Nachmittag lernen wir Lars, einen Musiklehrer der Deutschen Höheren Privatschule Windhoek, kennen. Er hat die grandiose Reise zusammen mit Ulli geplant und erzählt uns nun einiges über die Geschichte Namibias, das Ansehen der Deutschen im Land und was uns noch so alles erwarten wird. Auch Thorsten, Trompeter und Geschichtslehrer unserer Reisegruppe, erzählt uns einiges über die namibische Geschichte (damit wir vor dem Geschichtsprofessor, den wir in Windhoek treffen sollen, nicht völlig unvorbereitet sind). Wir erfahren zum Beispiel, dass die Deutschen zu Kaiserzeiten einige Urvölker Namibias wie die Herero rücksichtslos bekämpften. Unser Busfahrer David ist selbst Herero, strahlt aber eine unvergleichliche Herzlichkeit aus, die wir seit unserer Ankunft dankbar aufnehmen und nun noch mehr zu schätzen wissen.

Wir versuchen, unser Abendessen vor das WM-Halbfinalspiel Deutschland-Spanien zu verlagern, was leider ebenso wenig aufgeht wie der erhoffte Einzug ins Endspiel. Da unsere Nationalmannschaft leider verdient verliert, gehen wir zwar mit gutem Essen aber schlechtem Spielgefühl zu Bett.

Donnerstag, 08.07.2010

Nach dem Frühstück machen wir noch ein paar Fotos mit den zwei Breitmaulnashörnern der Lodge, denn diese kommen, nur durch eine niedrige Mauer getrennt, bis an die Frühstücksterrasse heran. Wir dürfen auch die Fütterung von Geparden und einem Leopard beobachten – ein Gänshauterlebnis pur!

Danach müssen wir leider unsere Sachen packen und den Bus beladen, um nach Swakopmund zu starten, wo für abends eine Probe angesetzt ist. Unser Busfahrer erklärt uns, dass Swakopmund die Hochburg der Deutschen sei und der Name von „Schwach Kopf Mund“ kommen würde. Nach einer langen Busfahrt durch karge Landschaften und endlose Wüsten, vorbei an der größten Uranmine der Welt, kommen wir am Nachmittag endlich an und bemerken sofort, wie warm es hier im Gegensatz zum Rest des Landes ist. Gefühlt herrscht hier deutscher Hochsommer, obwohl in Namibia gerade Winter ist.

Nach der Zimmeraufteilung haben wir Freizeit und dürfen den Ort in Kleingruppen erkunden. Die meisten finden sich am Strand beziehungsweise am Meer wieder, jedoch ist für uns das Baden im Atlantik leider untersagt. Am Abend haben wir unsere erste Probe, die völlig reibungslos funktioniert. Jeder hat Spaß daran, sein Instrument endlich wieder in den Händen zu halten. Beim leckeren Abendessen in einem nahegelegten Pub lassen wir den Tag gemütlich ausklingen.

Freitag, 09.07.2010

An diesem Morgen können wir uns entweder einer ausgiebigen „Living Desert“ – Tour anschließen oder einen Kurztrip in die riesigen Dünen machen. Die meisten nehmen den Bus und fahren ca. 5 km in die Dünen hinein. Das Besteigen sah von Weitem einfacher aus als es ist! Macht man einen großen Schritt nach vorne, rutscht man die halbe Fußlänge wieder zurück.

Als wir mit den Spanbrettern, die wir im Bus mitgenommen haben, auf der Düne angelangt sind, ist jeder heiß darauf, einmal auf einem Brett hinunter zu rutschen. Manche machen dies sogar mehrmals und tun sich gleichzeitig immer wieder diesen elendigen Aufstieg an. Noch ein paar Fotos, dann müssen wir leider schon wieder zurück nach Swakopmund.

Dort angekommen, gehen wir mit unseren Instrumenten durch die Stadt und musizierten Freude strahlend als Werbung für unser abendliches Konzert. Wir spielen am Strand, vor ein paar Kaufhäusern oder einfach mal in der Fußgängerzone, wobei wir jeweils auf überraschte und freundliche Zuhörer treffen.

Der Nachmittag ist zur freien Verfügung. Unser Auftritt am Abend in der gut besuchten Kulturaula läuft wie geplant. Die Einnahmen übergeben wir noch während des Konzerts an den Leiter einer örtlichen Schule als Spende. Im Anschluss gehen wir in das Restaurant vom Vorabend und lassen dort diesen schönen Abend gemeinsam ausklingen – tausend bunte Eindrücke eines erlebnisreichen Tages und eines erfolgreichen Konzerts wirken nach.

Samstag, 10.07.2010

Früh morgens brechen wir heute in die Namib Wüste auf. Nur wenige Kilometer fahren wir auf einer geteerten Straße, dann geht es stundenlang über Schotterstraßen und Sandpisten, für die man geländegängige Fahrzeuge wirklich braucht. Zwischendurch machen wir nur kurze Stopps in der unwirklichen Landschaft und hoffen, dass unser Bus durchhält.

In Solitaire, einem der wenigen kleinen Örtchen entlang der Piste, gibt es den berühmtesten Apfelkuchen Namibias! Eine Tankstelle, ein paar Häuser und eine Bäckerei, das ist der ganze Ort. Aber die Bäckerei stellt jeden Tag 200kg Apfelkuchen her und verkauft ihn an vorbeikommende Reisende, sodass auch wir uns natürlich von der außergewöhnlichen Qualität gerne überzeugen lassen.

Abends in der Namib Desert Lodge angekommen, erkundeten wir zunächst unsere neue Unterkunft. Manche gehen in den Pool und plantschen, andere trinken einen Kaffee oder ein Bier. Nach einem wiederum grandiosen Abendessen singt das Personal spontan einige Stammeslieder für uns – scheinbar hat es sich herumgesprochen, dass wir eine Musikgruppe sind. Wir kommen also nicht umher, unsere Instrumente zu holen und uns mit ein paar Liedern zu revanchieren. Als Höhepunkt musizieren wir gemeinsam „We are the World“ – sicher einer der unvergesslichen Momente dieser Reise!

Zum Abschluss des Tages jubeln wir unserer Fußball-Nationalmannschaft ein letztes Mal zu, die das Spiel um den 3. Platz gegen Uruguay überzeugend gewinnen kann.

Sonntag, 11.07.2010

Zitternd stehen wir um halb fünf auf, um schon bei Sonnenaufgang bei den höchsten Düne der Welt sein zu können – ein Plan, der leider nicht ganz aufgehen sollte. Aber nach dem Frühstück und mehr als einer Stunde Sandpiste kommen wir an der Düne „Big Daddy“ an. Sie zu besteigen ist wieder einmal schwerer als es von unten aussieht. Wir gehen etwa auf 80m Höhe und machen dort ein paar Gruppenfotos.

Für den Abstieg wählen wir einen schnelleren Weg: Wir gehen nicht, wie beim Aufstieg, gemütlich über den Kamm der Düne, sondern rennen einfach die steile Flanke hinunter. Das macht einen Riesenspaß, denn man wird schneller als bei jedem Sprint! Nicht selten endet es aber auch mit Überschlägen im tiefen Sand. Leider müssen wir im Anschluss gleich in Richtung Windhoek aufbrechen, wo uns unsere die Gastfamilien am Abend erwarten. So geht es wieder einmal stundenlang über namibische Sandpisten.

Nach gefühlten 100 Stunden Busfahrt kommen wir abends endlich in der Hauptstadt an, lernen zunächst unsere Gastfamilien kennen und verbringen den weiteren Abend gemeinsam mit ihnen in der Schule beim Public Viewing des WM-Endspieles. Danach geht es zu den Gastfamilien, wo wir mit den für deutsche Verhältnisse riesigen Sicherheitssystemen ihrer Häuser bekannt gemacht werden – beeindruckend und manchmal beängstigend zugleich!

Montag, 12.07.2010

Nach einem relativ langen Schlaf und einer warmen Dusche geht es heute zunächst in die Schule. Dort treffen wir in einem Konferenzraum einen Geschichtsprofessor, der uns Namibia und seine Hauptstadt näher bringt. Nachdem er einiges über seine eigene Biographie und das Land geschildert hat, fahren wir mit ihm zu den Sehenswürdigkeiten Windhoeks. Wir besuchen dabei u.a. den „deutschen Reiter“, der hier seit der Kolonialzeit geduldig steht. Nach dieser sehr informativen Rundfahrt geht es zurück zur Schule, wo wir von unseren Gasteltern zum Mittagessen abgeholt werden.

Am Nachmittag treffen wir uns in der Innenstadt, wo wir auf der nicht gerade groß angelegten „Shopping-Meile“ ein wenig einkaufen können. Zum Abendessen treffen wir uns dann in der rustikalen „Joe’s Bar“, wo wir viele heimische Wild-Spezialitäten probieren und noch ein wenig mit unseren Gastgebern zusammensitzen können. Die Gaststätte überzeugt mit ihrem schönen Ambiente, es gibt sogar ein kleines Lagerfeuer in der Mitte, das in der kalten namibischen Nacht sehr angenehm ist.

Dienstag, 13.07.2010

Früh morgens treffen wir uns heute in der Schule, um einmal einen ganzen Tag den Unterricht zu verfolgen, der hier bereits um 7 Uhr beginnt. Dabei sammeln wir jede Menge verschiedener Eindrücke (ich habe zum Beispiel Deutsch-, Englisch- und Physikunterricht verfolgen können). In den Pausen treffen wir uns und tauschen unsere Eindrücke aus dem Unterricht aus.

Nach dem Mittagessen in unseren Gastfamilien treffen wir uns am Nachmittag zu unserer ersten Probe mit der Schul-Big Band in der Aula der Schule. Wir studieren als gemeinsames Abschlussstück für unser Konzert ein Udo Jürgens-Medley ein und proben anschließend noch einige unserer eigenen Titel. Den Abend verbringen wir heute individuell mit den Gastfamilien.

Mittwoch, 14.07.2010

Heute können wir endlich wieder einmal richtig ausschlafen – oder in die Schule gehen und uns noch einen Schultag anschauen. Gemeinsam treffen wir uns erst nachmittags zu einer letzten Probe für unser Abschlusskonzert heute Abend. Zwischen Probe und Konzert vertreiben wir uns die Zeit zur Abwechslung mal in einem italienischen Restaurant.

Das Konzert findet in der noblen Aula der Schule statt und ist sehr gut besucht. Zuerst hören wir den Darbietungen der Big Band zu, nach der Pause geben wir dann unser Bestes und sind erleichtert, dass unsere Musik sehr gut bei den Namibiern ankommt. Lange Gespräche mit unseren Gastgebern, in denen wir die großartige Reise reflektieren, gehen noch bis in die Nacht hinein.

Donnerstag, 15.07.2010

Noch vor Sonnenaufgang treten wir erschöpft und übervoll mit Eindrücken über dieses wunderbare, unbeschreiblich vielfältige Land und die netten Menschen, die wir kennenlernen durften, die Heimreise an.

Nach einem langen Flug von Windhoek nach München und der anschließenden Busfahrt kommen wir ausgepowert, aber aufgeladen mit Tausenden von Bildern und Erlebnissen, nachts gegen 2:30 Uhr in Bad Hersfeld an. Für diesen unermesslichen Erfahrungsschatz Dank an alle, die dies ermöglicht haben – besonders an Ulli, der immer wieder top noch toppen kann!

Reinhold Radick